Es ist Winter in Deutschland. Wir entfliehen der
kalten Jahreszeit und dem Alltagsstress. Wir jetten auf die Kanarischen Inseln
- die Bikes sowie Zelt und Schlafsack im Fluggepäck. Von den sieben kanarischen
Inseln stehen drei auf dem Programm: Teneriffa, Hierro, Fuerteventura. Für die
reichlichen zwei Wochen ein dichtes Programm - wie wir heute resümieren.
Auf und Ab auf Teneriffa
Anflug auf Teneriffa: rechts am Bullauge schieben
sich langsam der Mt. Teide und der Südoststrand der Insel ins Bild. Weiße
Brandungsränder an der Uferlinie, die Spitze des Teide ist schneebedeckt. Ein
anfänglich kahler, später baumbewachsener Bergrücken zieht sich vom Gipfel zur
Nordostspitze der Insel und ist bestimmend für das Relief der Insel. Die in
dieser exponierten Lage führende Straße werden wir bald entlang fahren.
In der Mittagsglut strampeln wir los und nehmen die
ersten Steigungen unter die Pneus. Der zunächst karge Eindruck von der
Flughafenumgebung muss bald korrigiert werden: die ohnehin grün gewordene
Landschaft zieren zahlreiche Kakteen. Wir entdecken verschiedenste Sorten:
langstielige, schlanke, flachblättrige, mit vielen oder wenigen Stacheln. Rote
fleischig-saftige Früchte dekorieren die Agavengewächse.
Der erste bescheide Abstecher in die Berge erweist
sich als sehr anstrengend: Ständiges bergauf und -ab, hochprozentige Steigungen
sind keine Seltenheit. Eine Abkürzung, die wir durch die Berge nehmen wollen,
erweist sich als unpassierbar. Sie endet in dem Gewirr der Barrancos, der
vielen oft tief ausgewaschenen Seitentäler.
Zur Küstenstraße zurückgekehrt schlagen wir an der
Steilküste kurz vor der Dämmerung unser Zelt auf. 70 Meter tief fallen die
Felswände senkrecht hinunter zum salzigen Wasser des Atlantiks, das mit Getöse
auf die dunklen Lavafelsen schlägt und als weiße Gischt nach oben steigt. Wir
finden keinen Abstieg zum erfrischenden Nass und verzichten so auf die ersehnte
Erquickung.
Am nächsten Vormittag rollen wir an der Küstenstraße
zwischen zahlreichen Bananenplantagen nach Los Gigantos. Mehrere Hundert Meter
hohe Felsen stürzen hier fast senkrecht ins Meer. Für uns beginnt hier auf
serpentinenreichen Straßen der erste Kampf in die Berge hinauf, beinahe von
Meeresniveau aus. Um so weiter wir uns
hinaufschrauben, um so bezaubernder der Blick auf die Ortschaft Taimano und das
darunter liegende Meer. Palmen, Kiefern, blattarme Bäume mit rosa Blüten,
Kakteen noch und noch. Hoch über uns schmiegt sich eine Straße an die grünen
Steilhänge: "Wenn wir nur erst an ihrem Abzweig wären!" Später liegt
diese Straße tief unter uns, doch die Steigung nimmt und nimmt kein Ende. Und
dort, wo wir in der Karte das Ende der ermüdenden Kletterei herauslasen, kommt
das dicke Ende: Bei 18-20% Steigung, vielleicht sogar noch mehr, half kaum noch
die Untersetzung. Wir zerren und drücken und haben Angst, den Lenker
abzuwürschen und stehen dann mit klopfenden Herzen auf dem Pass, der in der
Karte so unscheinbar ist. Mit Lächeln quittieren wir die Glückwünsche der deutschen
Mietwagen-Touristen. Der uns scheinbar entgegengebrachte Respekt scheint
manchmal gekünstelt.
Noch außer Atem und schweißtriefend blicken wir
begeistert auf die urwüchsige Landschaft jenseits des Passes. Das graue schmale
Asphaltband schlängelt sich durch das steile Grün in die Schlucht von Masca
hinunter. Beim verspäteten Mittagspicknick aus dem Rucksack saugen wir die
Urwüchsigkeit in uns auf, ehe wir in wilder Abwärtsfahrt nur noch dem Asphalt
die Aufmerksamkeit schenken können. Das tief abseits im Tenogebirge versteckte
und erst seit kurzem mit einer guten Straße verbundene Masca durcheilen wir
nur, mit dem dumpfen Gefühl, hier etwas zu verpassen. Doch ausnahmsweise
drängt uns die Zeit. Wir wollen am Westzipfel der Insel, an der Punta del Teno,
endlich unser ersehntes und längst fälliges erstes Bad im Atlantik nehmen.
Ständiges bergauf und bergab, rasante Talfahrt zurück auf "Null",
Steilküste mit Tunnel und wir erreichen in der Dämmerung unser Ziel. Genüsslich
tollen wir uns in den beinah schon gefährlichen Wellen des salzigen
Atlantikwassers. Der Leuchtturm sendet seine ersten Lichtpfeile über das Meer.
Fazit der Eintagesfahrt durchs Tenogebirge auf dem Westzipfel der Teneriffas:
Höhen waren aus keiner Karte genau herauszulesen und so sahen wir uns
wesentlich größeren Strapazen als erwartet gegenüber.
Auf der stark befahrenen Küstenstraße bewegen wir uns
gen Nordosten und überqueren in Garachios den Lavastrom, der im 17. Jh.
Teile der Stadt zerstörte. Icod de Los Vinos bietet uns und zahlreichen Touristen
aus aller Herren Länder einen Drachenbaum, dessen Alter umstritten ist und in
Reiseführern zwischen 600 und 5000 Jahren angegeben ist. In Puerto de la Cruz
besuchen wir den Botanischen Garten. Eine Unmenge tropischer und suptropischer
Pflanzen wie Palmen, Bananen, Gummibäume und natürlich auch Kakteen bilden hier
ein dermaßen dichtes Grün, das sich wohl nur mit dem Urwald vergleichen lassen
kann.
Von Null auf über 2000
Ein Tag mit „Bergwertung“ steht auf dem Programm. Wir
wollen die Küstenregion wieder verlassen und kurbeln die Straße zur Caldera
hinauf: 40 Kilometer nur bergauf. La Oratava ist schnell erreicht, bis dahin
ist es noch einigermaßen flach. Den von uns erhofften Broilerstand gab es nicht
am Straßenrand. Wir kauften in einem Supermarkt unser Mittagessen und rasten,
ehe wir in den Nebel der Passatwolke eintauchen. Ihre Unterkante hängt in einer
Höhe von ca. 800 Metern und zeichnet sich recht deutlich ab, solange
man noch etwas entfernt von ihr ist. Mit dem Näherkommen verschwimmen die
Konturen, die Luft wird immer diesiger und schließlich hüllt sie uns mit ihrer
unangenehmen feuchtigkeitsgesättigten Luft ein. Die Sichtweite sinkt auf 20
Meter herunter und so verbirgt sich die Pracht des kanarischen Kiefernwaldes
hinter dem diesigen Vorhang. Der Kampf nach oben fällt schwer. Jede Kurve ist
willkommene Abwechslung in dem eintönigen Grau. Eine Stunde fahren, 10 min.
Pause - das ist der Rhythmus. Doch auch diese Pause ist in diesem feuchtkühlen
Klima keine Freude.
Was für ein prächtiger Augenblick, als der Nebel
lichter wird und über uns der Dunst wie weggeblasen ist. Kaum vorstellbar: die
Sonne scheint. Unter uns nach wie vor die graue Masse der Passatwolke. Die
Sonne scheint schon den ganzen Tag hier! Welch erquickender Gedanke. Vor unseren
Augen erhebt sich nun auch der Mt. Teide, schneebedeckt, majestätisch. Im
letzten Licht der Abendsonne schlagen wir unser Zelt in der Caldera auf 2200
Metern Höhe auf. Schneereste neben dem Zelt zeugen von der erreichten Höhe.
Andererseits muss man bedenken, es ist Januar und das weiße Etwas nichts
ungewöhnliches für uns Mitteleuropäer. Es steht nur im krassen Gegensatz zu der
Hitze, die wir an den Vortagen erlebten. Als wir nach Sonnenuntergang in die
Schlafsäcke kriechen, sind draußen vorm Zelt 3°C, am nächsten Morgen gar 2°
minus.
Die Sonne steigt erst gegen halb 10 Uhr über die
umliegenden Berge der Caldera und durchwärmt uns angenehm nach der kühlen
Nacht. Eifersüchtig schauen wir zum Teide rüber, der natürlich wesentlich eher
von der Sonne verwöhnt wird. Doch der eben noch durchgehend blaue Himmel
bedeckt sich nun schon wieder mit weißen Wolkenfetzen. Wetterumschwung oder die
tägliche Passatwolke? Wir werden sehen.
Caldera und Mt. Teide
Wir rollen durch die Caldera. Eine bizarre
Landschaft. Zerklüftete Lavafelslandschaft, trockene Sträucher, Schneereste.
Noch scheint die Sonne angenehm warm. Die Wolken liegen tief unter uns in einer
dichten Schicht. Unten also schlechtes Wetter, hier oben stabilisiert es sich.
Wir planen hin und her betreffs des Gipfelsturmes und treffen zum Glück
ortskundige Deutsche. Von unserem Standpunkt aus, dort, wo der Wanderweg von
der Straße abzweigt, sei der Aufstieg in ca. 3 Stunden zu schaffen, erfahren
wir. Das beflügelt unseren Elan. Wir biken über den gerölligen Weg nach oben,
queren Schneefelder, treten, schwitzen, kämpfen - bis an die Stelle, wo wir
glauben, zu Fuß schneller zu sein, das MTB nur noch hinderlich wird. Fünf
Kilometer haben wir da bereits hinter uns. Das Zelt wird aufgebaut, gleich
neben dem Weg, das Gepäck verstaut, die Fahrräder angeschlossen. Mit kleinem
Gepäck (zusätzliche Bekleidung, Verpflegung, Trinken) streben wir gen Gipfel.
Zunächst ist der Weg noch erkennbar, führt fast flach am Fuße des Kegels
entlang. Als es ans Steilstück geht, ist von einem Pfad nichts mehr zu sehen,
wir gehen aufs Geradewohl weiter. Stufe für Stufe treten wir in die steilen
Schneefelder, die Noppen der leichten Wanderschuhe krallen sich fest im Harsch.
Wegrutschen darf man nicht, die Talfahrt könnte irgendwo an einem Felsen enden.
Etwas leichter wird es auf den Lavafeldern. Die großen Steine bieten
einigermaßen Standfestigkeit. Anfangs kommen wir schnell voran, doch später
machen sich die Strapazen des Vortages bemerkbar. Die Kletterei von fast Null
auf 2200 Höhenmeter hinterließ ihre konditionellen Spuren. Die Zeit ist weit
vorgeschritten. Um nicht der Gefahr ausgesetzt zu werden, im Dunklen absteigen
zu müssen, kehren schweren Herzens wir um. "Heben wir uns den Teide für's
nächste Mal auf", trösten wir uns. Heil wieder am Zelt anzukommen ist uns
wichtiger als der Gipfelsieg.
30.1.
Bei minus 1° draußen vor dem Zelt warten wir darauf,
dass die Sonne uns bescheint. Doch das dauert länger, weil Wolken über dem
Ozean Schatten bringen. Dafür kommt sie plötzlich und mit aller Kraft. Die Luft
ist noch kalt, wir verzichten auf das Frühstück und bewegen uns warm, was bei
der Abfahrt nicht so einfach ist. An der Talstation der Drahtseilbahn
angekommen, erfahren wir von einem Berliner Fahrradhändler-Ehepaar, dass die
Besteigung des Gipfels von der Bergstation aus nicht möglich ist. Posten
hindern alle "Gipfelwütigen" am Verlassen des Geländes um die
Bergstation herum, weil es zu glatt sei. Wir sparen deshalb die 700 Peseten für
die Fahrt nach oben, hatten wir doch am Vortag schon genug Aussicht erhascht.
Es geht weiter abwärts zum Felsen Los Roque in der
Nähe des Parador de National de Tourism. Seine eigenartige Form lockt die
Touristen scharenweise an und so werden auch hier Wächter damit beschäftigt,
auf die Einhaltung der Ordnung zu achten: wir werden vom Fahrrad herunter
gebeten, als wir uns fahrenderweise die Gegend anschauen wollten.
2000 Höhenmeter Abfahrt
Wir fahren zurück, vorbei an Seilbahn, deren Gondeln
gerade bewegungslos auf der Strecke hängen. Ein Glück, dass wir verzichtet
hatten. Der Strom war wohl ausgegangen. Die Straße nach Puerta Cruz durch das
Orotavatal lassen wir diesmal links liegen. Wir fahren gen Nordostspitze der
Insel auf dem Bergrücken, dessen Exponiertheit uns schon beim Anflug auf die
Insel begeistert hatte. Ehe wir uns den Freuden einer 2000-Höhenmeter-Abfahrt
hingeben können, ist nochmals Beinarbeit für ein Bergauf-Intermezzo gefragt.
Schneeweiße Gebäude eines Observatoriums markieren die höchste Erhebung des
Kammes, ab dort ist praktisch kein Pedalschlag mehr nötig, um nach La Laguna zu
gelangen. Nur wenige und kurze Steigungen sorgen für Erwärmung und erinnern
daran, dass Radfahren nicht nur Bergabfahren ist.
Der Bau der Straße hinterließ einige interessante
Bodenaufschlüsse. Er zeigt die unterschiedlichsten Farbtöne: Schwarz, grau,
rot, braun, weiß.
Zunächst liegt der Wald noch unter uns. Der Blick
schweift ungehindert mal nach links oder nach rechts. Tief unten der Ozean.
Zwischen ihm und uns eine wogende Fläche dunklen Grüns. Kiefern mit besonders
langen Nadeln, wie wir später feststellen. In einer Höhe von 1000 Metern
schlagen wir inmitten dieses alten Baumbestandes unser Zelt auf. Die Bäume sind
bemoost infolge der ständigen Feuchtigkeit durch die Passatwolke.
Ins Anaga- Gebirge
Beizeiten ist gepackt und wir stehen an der Chaussee
- Plattfuß an Lutz' Vorderrad. Wir finden kein Loch, pumpen neu auf und weiter
geht es. Die Luft scheint zu halten.
Durch den Kiefernwald rollen wir talwärts. Der Wald
wird lichter, die Baumheide ist erreicht. Zunächst zwischen den Bäumen niedrige
Büsche, später geht der hohe Baumbestand zurück. An einer Kurve wird der Blick
zum Südostzipfel freigegeben: jenseits von La Laguna zeigt sich das
Anagagebirge von seiner schönsten Seite. Kann man einen solchen Anblick
beschreiben? Beidseits der Ozean. Über seinem Wasser erhebt sich das steile,
bizarre aber doch liebliche Bergland. Dicht an dicht reihen sich die
Bergrücken, dazwischen tiefe Täler. Kräftiges Grün, durchbrochen von Felsen.
Östlich schiebt sich langsam die vormittägliche Passatwolke in die Berge.
Auffahrt durch den Mercedeswald. Beeindruckende
Blicke auf Teide und vorgelagerten Bergrücken, beiderseits wieder der Ozean,
vor uns La Laguna.
Straff geht es auf die Berge hinauf. Doch wir haben
uns inzwischen an die Berge gewöhnt und kommen rasch voran.
Inzwischen im Anagagebirge mit Ausblicken auf die
bergige Inselspitze. In der Bergwelt einzelne Häuser, teilweise tief unter uns,
wir sind wieder auf 1000 m Höhe. Das Gebirge wird von schmalen Straßen durchzogen,
alles ist sehr steil. Die Berge sind nur teilweise bewaldet.
Wir fahren auf dem manchmal sehr schmalen Grat gen
Südosten. Mitunter können wir gleichzeitig auf das Meer auf der linken und
rechten Seite der Insel sehen.
Unser Ziel ist Tanaga auf der linken Seite des
Grates. Man will scheinbar unseren Orientierungssinn durcheinanderbringen: Die
Wegweiser für Tanaga und Santa Cruz zeigen nach rechts. Vertrauensvoll folgen
wir der angewiesenen Richtung. Unterwegs werden wir von einem Deutschen aufgeklärt:
Die Straße führt 1000 Höhenmeter weiter unten durch ein Tunnel auf die andere
Seite. Nun verstehen wir auch die Verschlingungen auf der Landkarte.
Als wir aus dem Tunnel herauskommen, eine 16%-Abfahrt
und schon wieder eine neue beeindruckende Aussicht. Hinter Tanaga folgen wir
dem Auf und Ab der Küstenstraße. In Benecio endet der Asphalt, der Weg entfernt
sich von der Küste und weicht auf die Steilhänge aus. Mühsam und skeptisch
folgen wir dem anspruchsvollen Weg. Der Wunsch, das Zelt am Wasser aufzustellen,
wird wohl unerfüllt bleiben. Ein Einheimischer klärt uns auf: der Weg führt
weiter in die Berge hinauf und endet dort. Wir müssen unseren Plan aufgeben,
den Zipfel der Insel zu umrunden und fahren zurück in Richtung Tanaga.
Wir nutzen die letzten Strahlen der Abendsonne und
wollen an einer flachen Bucht ein Bad nehmen. Die Knie lassen wir uns umspülen,
zu mehr trauen wir uns nicht. Die Wellen sind zu stark und gefährlich. Als wir
weiterfahren, entdecken wir das Schild mit der Aufschrift "Achtung!
Gefährlicher Strand! Starke Strömungen!"
Am Rande eines Dorfes auf einem Plateau unmittelbar
über der Steilküste schlagen wir unser Zelt auf. Die kleinen Felsinseln
unmittelbar vor der Küste werden von der Abendsonne als letztes beschienen, ehe
die Dämmerung über das Anagagebirge hereinbricht. Wir machen es uns in dieser
Abendstimmung gemütlich und freuen uns auf die Flasche Wein, die wir im
Supermarkt preiswert erworben haben. Zu unserem Verdruss mussten wir
feststellen, dass wir lediglich Traubensaft eingekauft hatten.
1.2.
Ein gewaltiger Anstieg steht uns bevor. Der Nachteil:
wir fahren zurück, kennen also die Strecke und wissen, was uns bevor steht.
Beim Frühstück am Zelt stärken wir uns - das erste Mal. Nach 3 km kommen wir
nach Tanaga, lesen das Schild: "Frischer Fisch" und lassen uns
locken. Tanaga soll ja für seinen guten Fisch berühmt sein und wir lassen uns
zum zweiten Frühstück verleiten. Es ist ein üppiges Mahl. Brot mit Käse sind
Vorspeise. Salat, komponiert aus Tomaten, Gurken, Zwiebel, Blattsalat und - für
uns etwas neues - Oliven. Dazu eine würzige Pfeffer-Eßig-Kräuter-Öl-Curry-Soße,
die auch dem folgenden Hauptgericht die notwendige Würze liefert: gebratener
Fisch, der uns mit klaffenden Maul vom Tellerrand aus anschaut, dazu kleine Pellkartoffeln.
Als Getränk lassen wir uns sittsam (da im Anschluss wieder
Straßenverkehrsteilnehmer) Mineralwasser bringen. Doch zu solch einem
landestypischen Essen muss das passende Getränk einfach sein: Wein, den wir uns
dann doch noch kommen lassen.
Die Berge sind halb so schlimm und doppelt so schnell
gepackt, als gedacht. Langsam, aber stetig und energisch kurbeln wir nach oben.
16% sind mit Gepäck kein Kinderspiel, aber die Untersetzung von 28:32 beim 26er
MTB lässt einiges zu. Nach den ersten 3 km ist eine Verdauungspause fällig, ehe
wir die weiteren 2½ Anstiege im sanften Sturm nehmen. Viel zu zeitig kommen wir
am Mercedeswald an und haben nur noch die Abfahrt nach La Laguna vor uns. Am
letzten Mirador machen wir deshalb ausgiebig Mittag, um nicht in der
Mittagshitze in der Stadt anzukommen. Als wir später weiterfahren, ist von
Hitze nichts mehr zu spüren. Ein kalter Wind bläst uns entgegen, es wird
hundekalt, lange Bekleidung wird angelegt.
La Laguna durchkämmen wir systematisch nach Broiler
und deutscher Zeitung, beinah erfolglos. Erst kurz vor Ladenschluss gegen 21
Uhr bekommen wir den Gummiadler, den wir auf dem Flughafen verzehren, wo wir
auch (zwar nur) die BILD-Zeitung bekommen und so wenigstens etwas Deutsches zu
lesen haben.
Wir wollen auf dem Flughafen übernachten. Nach 22 Uhr
wird es immer ruhiger, wir werden immer unruhiger und schließlich bestätigt
sich unserer ungute Vorahnung: der Flughafen wird über Nacht geschlossen, wir
werden höflich hinaus komplementiert. Kein Bitten hilft, wir bekommen aber
dafür einen Übernachtungstipp - ideal für Landstreicher und Obdachlose, als die
wir uns zwar nicht fühlten, aber hilfreich ist der Tipp schon. So ziehen wir
ein in einen halb fertig gestellten Rohbau, breiten unsere Isomatten auf
kaltem, staubigem Beton aus und testen so schon mal das künftige
Flughafenhotel.
Ankunft in Gomera
Wir waschen uns auf Flugplatz und bereiten alles auf
Abflug vor. Abfertigung ohne Übergepäckzuschlag für Fahrräder. Steigen ein in
eine ältere 2-motorige Propellormaschine (Focker-Wulf?), ca. 80 Plätze. 30 min.
Flug nach El Hierro. Blick auf Teneriffa, später auf das wolkenbedeckte Gomera.
Auf der anderen Seite La Palma, das ebenfalls in der Passatwolke steckt. Nun
bereits wieder Landeanflug. Das Meer kommt näher, Hierro ist bald zu sehen. Die
Landebahn ist auf einem Vorsprung, längs zum Ufer. Am Anfang und am Ende der
Landebahn 10 Meter hohes Steilufer, dann die Gischt des Meeres. Die Maschine
kann rechtzeitig abbremsen.
Gepäck kommt schnell, das zweite Inselabenteuer beginnt.
Fahrt nach Tamaduste, wo wir einkaufen wollen fürs Wochenende. Außerdem soll es
dort eine der wenigen Bademöglichkeiten geben. Mit Supermarkt ist hier in
dieser Art Ferien- und Datschensiedlung nichts. Wir treffen einen Deutschen,
der hier 3 Monate lang Urlaub macht, und erfahren einiges über die Insel.
Schließlich lassen wir uns ein Restaurant zeigen und stärken uns mit
Tintenfisch und Pommes, empfohlen von unserem Gastgeber. Weder Fisch noch
Fleisch, das helle Tintenfisch-fleisch ist nicht so fasrig und weich wie sonst
bei Fisch üblich. Zum Essen einen echten Hierro- Wein. Er sei einzigartig,
erfahren wir. Das schwarze Lavagestein sorge dafür.
Die nächste Einkaufsmöglichkeit sei in Valverde, 11
km von hier - 600 Höhenmeter nur bergauf! Die Geschäfte machen 14 Uhr zu. Ich
schaue auf meine Uhr: Viertel vor Eins! Ich mahne zur Eile, wir verabschieden
uns, bekämpfen die Weinschwere in unseren Beinen und kurbeln los - keinen
Kilometer, bis Lutz einen Plattfuß meldet. Wir flicken in Windeseile und die Angst,
fürs Wochenende nichts Essbares im Rucksack zu haben, treibt uns weiter. Doch
Lutz hat bereits wieder keinen Daumen breit Luft unter der Felge. Wir müssen
uns schnell einigen: er soll allein reparieren, ich fahre einkaufen. Ich kurble
weiter, vergleiche Kilometerzähler, Durchschnittsgeschwindigkeit und die
unaufhaltsamen Zeiger der Uhr. Die Sonne prasselt unbarmherzig, die Straße
steigt genauso unbarmherzig.
Pessimismus und Optimismus wechseln in rascher Folge:
Als ich mit rasendem Puls das Ortseingangsschild passiere, ist es genau Zwei.
Die Läden machen gerade zu. Ich drossele meine Geschwindigkeit und plötzlich
durchfährt mich ein rettender Gedanke: Mir ist gerade eingefallen, dass ich bei
der Einreise meine Uhr nicht auf die westeuropäische Zeit umgestellt und also
noch eine Stunde Zeit habe. Als ich Lutz später davon erzählte, sagte er mir,
er habe sich sowieso gefragt, warum ich eine solche Hektik mache. Hätte er mal
einen Ton gesagt, hätte ich mir die sinnlose Plackerei sparen können.
Einkauf: Kakaomilch (sehr dick), Himbeermilch,
Toastbrot (richtiges gabees nicht), Kuchen, 1 Liter Vino del Tinto (120 pes.),
Käse, Apfelsinen, ... .
Idylle in der Einsamkeit
Halten uns an den Tipp vom deutschen Ehepaar aus
Tamaduste und rollen gemäß Beschreibung im Norden der Insel wieder runter zum
Meer (Chargo Manso ?). Nach Echedo auf Asphalt, danach 300-400 Höhenmeter
auf unbefestigter Piste die kakteenbewachsenen Lavahänge, auf denen die
meckernden Ziegen grasten, nach unten. Auch hier die schon oft gesehenen
Lavagesteinsmauern. Sie dienen erst in zweiter Hinsicht als Zaun. Sie werden
aus den vom Feld aufgelesenen Steinen errichtet. Man braucht so die Steine
nicht abzutransportieren. Die so errichteten Mauern schützen außerdem die
wertvolle Bodenkrume vor Winderosion.
Bald schauen wir auf die stark zerklüftete Küste. Ihr
ausgefranster Rand ist von einem weißen Saum umgeben. Das windbewegte Wasser
brodelt und schäumt, wo es auf das Ufer klatscht. Weiße Gischtfontänen steigen
mehrere Meter hoch. Nun wird uns auch klar, dass man eine gut geschützte Stelle
zum Baden braucht, will man Neptun keine dauernde Gesellschaft leisten.
Die empfohlene Badestelle ist schnell entdeckt. Es
ist ein natürliches "50-Meter-Becken", durch eine
Unterwasserfelsbarriere vor den gefährlichen Wellen geschützt. Dort brechen
sich die Wellen und rollen beinah harmlos in das Bassin hinein. Trotzdem bleibt
es ein unruhiges Wellenbad. Das Wasserbecken wird von steilen Felsen umgeben.
Für den hier zum Glück noch nicht sichtbaren Touristenrummel wurde dieser Fleck
ausgebaut: Treppenstufen hinunter zum
Bassin, eine Leiter ins Wasser hinein, Terrassen, Feuerstelle.
Wir stürzen uns in die Fluten und nähern uns
vorsichtig dem Ausgang zum offenen Meer. Halt, weiter nicht, wollen wir uns
nicht den Gefahren des strudelnden Wassers aussetzen und unweigerlich am rauen
Lavagestein aufgerieben werden. Die Kraft des auf und ab wogenden Wassers
sollte man nicht unterschätzen.
Wir wandern über die Lava des Küstenstreifens und
entdecken Einbuchtungen, unterirische Gänge und Höhlen. In ca. 30 Meter
Entfernung vom Wasser ein Schlund im schwarzen Gestein. Wir treten näher,
schauen vorsichtig hinein. Plötzlich Getöse, ein Fauchen. Zunächst fein
zerstäubtes Wasser, dann schießt eine Wassersäule vor unseren Augen in die
Höhe. Wir sind erst erschrocken, müssen dann lachen. Wir versuchen,
Regelmäßigkeiten des Zeitpunktes des natürlichen Springbrunnens
herauszubekommen, was nicht gelingt. Wahrscheinlich müssen vorlaufende und
Rücklaufende Welle sowie der Wind im richtigen Verhältnis zueinander stehen.
An dieser romantischen Stelle verbringen wir den
Nachmittag und beschließen, hier auch zu übernachten. Vorgänger haben uns
bereits mit Holz fürs Lagerfeuer ausgestattet, über dem wir die letzten Reste
der deutschen Salami brutzeln. Unsere Schlafsäcke rollen wir unter einem
Felsvorhang aus. Das laute aber gleichmäßige Grollen des Meeres hilft beim
Einschlafen genauso gut wie der Vino del Tinto von Hierro.
Ein riesiger halber Krater
Am Nachmittag starten wir in Richtung San Andrés. An
die Kletterei haben wir uns längst gewöhnt, der kilometerlange Anstieg ist
nichts ungewöhnliches mehr. So kommen wir dann auch in der Dämmerung am Mirador
de la Pena an und überblicken den El Golfo. Man vermutet, dass El Hierro die
Hälfte eines riesigen Vulkankraters ist. Von unserem Aussichtspunkt aus können
wir uns das gut vorstellen: In einem Halbkreis zieht sich ein 1000 Meter hoher
Bergrücken von Meer zu Meer. Die andere Seite des Kraters soll im Atlantik
versunken sein. Ein paar wenige Felsinseln setzten den Kreis im Wasser etwas
fort und belegen diese Geologen-Theorie.
Abseits der Straßen
Im Gegensatz zu Teneriffa sind die Straßen auf Hierro
leer. Wir fahren kilometerlang nebeneinander. Der Weg nach San Andrés ist
schwer, weil laufend bergauf, und das gleich am Morgen. Der Wind bläst uns
entgegen. Wir wissen nicht, ziehen wir etwas aus, weil uns recht warm wird oder
ziehen wir etwas an, weil der Wind durch unsere nassgeschwitzte Bekleidung
bläst.
In San Andrés. Einkauf im einzigsten Laden des Ortes:
Käse, Wurst, Wein, Ketchup, Brot in der Bar.
Wir strampeln weiter hinauf, bis auf ca. 1300
Höhenmeter. Dort der Abzweig von der Hauptstraße nach Frontera, wir biegen
links ab. Der Weg ist unbefestigt, aber glatt. Wir bleiben zunächst ständig auf
gleicher Höhe. Die Wolkenfetzen ziehen gespenstisch über unseren Weg, im Dunst
die Wachholderbäume. Vor einem Jahr tobte hier ein Waldbrand. Zwischen
schwarzen Stämmen deuten zahlreiche grüne Triebe den Sieg der pflanzlichen
Kraft an. Zeitweise, manchmal nur sekundenlang, reißt es auf, die Sonne scheint
zaghaft, wir können hinunter zum Meer schauen. Doch für die lange Abfahrt ist
es viel zu kühl, wir müssen uns warm anziehen. Die Unebenheiten des Weges
hinderten uns an einer gemütlichen Abfahrt. Waschbrettmuster und sandige
Abschnitte erforderten ständige Konzentration.
Ermita de los Reyas. Einsame Kapelle in diese
verlassenen Gegend. Wallfahrtsort aller 4 Jahre. Kleiner Glockenturm, 2
abgedeckte Zisternen, alles weiß getüncht. Spanischer Solo-Wanderer.
Abstecher (4 km): Windflüchter. Jedoch finsteres
Wetter.
1 km bergauf, dann 3 km fast nur bergab. Weg gabelt
sich: El Sabinar (Windflüchter); Mirador.
Am westlichsten Punkt der Alten Welt
Abfahrt zum Faro de Orchilla, westlichster Leuchtturm
der alten Welt. Es schüttelt uns durch und durch. Armeelager (Camping). Am
Leuchtturm lautes, gefährlich klingendes Hundegebell, aber keine
Zeltmöglichkeit, nur Lavafelder. Selbst die Vegetation, die oberhalb des
Leuchtturmes noch vorkommt, fehlt hier. Nur taubes Lavagestein. Die Gegend ist
nicht trist, sie ist interessant. Hinsichtlich unserer Zeltplatzsuche ist eine
solche Landschaft aber deprimierend. Wir rollen weiter ins Ungewisse, auf
steilem, Weg mit lockerem Belag - eine passive Strapaze. Mit schmaler
Sportbereifung hätten wir schieben müssen. Wir sind skeptisch und befürchten,
dass wir vielleicht am gleichem Abend wieder zurück zu müssen, ohne einen
Zeltplatz gefunden zu haben. Doch der Weg muss doch irgendwo hin führen, er
kann doch nicht im Nichts enden.
Der Weg endet am Meer. Ein Betonlandesteg für
Fischerboote ist Endstation. Doch gleich in der Nähe entdecken wir ein
Mauergeviert unterhalb einer Felswand. Das ist unser Schlafplatz! Freude! Eine
weitere Entdeckung begeistert uns: Aus der Mauer schaut ein Wasserhahn heraus.
Skeptisch drehen wir und heraus kommt warmes sauberes Waschwasser, nicht mit
Salz versetzt, so können wir und endlich mal ordentlich waschen. Zum Trinken
ist es nicht geeignet, doch wir haben genug Trinkwasser in unseren Kanistern.
Nach dem ersten Höhepunkt des Abends folgte der
zweite: Ein gemütliches Abendbrot bei einer Flasche Wein, der eine zweite
folgte. Zwei Anlässe hatten wir zu diesem Gelage: Dorothees Geburtstag (die
Tochter der Mutter vom jüngsten Sohn von Lutz) und das Erreichen des
westlichsten Punktes der alten Welt.
Zum Roten Strand
Mit mittelschwerem Kater nehmen wir die erste
Steigung (2 km) bis zum Leuchtturm. Kurzer Rundgang.
Beim Aufwärtsfahren suchen wir uns die Fahrspur mit
dem am wenigsten lockeren Belag heraus. Einerseits heißt es, kräftig in die
Pedale zu treten. Mitunter muss man dies gefühlvoll tun, sonst droht das
Hinterrad durchzudrehen. Gerade beim Anfahren ist Geschick gefragt, etwas zu
kräftig getreten und unter dem Hinterrad spritzen Staub und kleine Steine nur
so heraus. Aus dem Sattel zu gehen, ist immer wieder verlockend, doch im Nu
fehlt das Gewicht auf dem Hinterrad, die Haftreibung verringert sich, das Rad
dreht durch, rutscht weg.
Das Bergfahren macht langsam Spaß, ist es doch hier
nicht nur Kraftakt, sondern auch Geschicklichkeitsfahren. Schneller als
erwartet sind wir am Abzweig und befahren neues Terrain. Die Sonne scheint noch
beharrlich, aber die ersten Wolken ziehen bereits wieder auf.
Abzweig runter zum Steilufer. Ist dies der Abzweig
zum Playa de Verodal? Wir wissen es (noch) nicht und fahren weiter. Das
fehlende Schild macht uns einigermaßen sicher. Serpentinenstraße das Steilufer
hinunter, fast bis ans Wasser. Hier dann auch der richtige und ausgeschilderte
Abzweig zum Roten Strand (1,5 km).
Unter 200 Meter hohen Felsen der berühmte Rote
Strand, 200 m lang, 30-50 m breit. Die Sonne macht sich rar, es fängt an,
leicht zu nieseln. Wir nehmen ein kühlendes Bad in den wahnsinnigen Wellen. Es
macht riesigen Spaß, doch man muss auch aufpassen, wenn man im Wasser hin und
her gebeutelt wird. Das folgende Spiel könnte ich bis zum Umfallen betreiben:
ich stelle mich ins brusttiefe Wasser, warte auf die richtige Welle und stoße
mich im richtigen Augenblick ab, den Kopf zwischen den vorgestreckten Händen.
Die Wellenfront drückt auf den langgestreckten Körper und schiebt ihn vor sich
her, bis in knöchelhohe Wasser auf den Sand, der plötzlich am Bauch entlang
streift. Man hat das Gefühl, pfeilschnell durchs Wasser geschoben zu werden.
Oft schaut der Kopf aus der Wellenfront heraus und man blickt auf das vor sich
liegende Wellental.
6.2.
Wir warten darauf, dass die Sonne den Strand
bescheint und sein Rot leuchtend zu Geltung bringt. Das dauert bis zum Mittag.
Fotos, ein letztes Bad, Abschied von dem idyllischen Flecken.
Saltos unter Wasser beim nochmaligen Badevergnügen.
Über Rüttelschotterpiste zurück nach Sabinosa. Ein
PKW kommt uns entgegen, hält vor uns, der Fahrer streckt seinen Kopf heraus:
"Seit ihr die Radfahrer aus der DDR?!“
“... der ehemaligen ?", fügt er noch schnell hinzu.
Verblüfft bejahen wir.
"Euer Ruf eilt schon um die ganze Insel!"
Radfahrende Touristen sind hier eher selten und so
fallen wir auf.
In Sabinosa kommen wir mit knurrendem Magen an. Wir
können weiter nichts bekommen wie das Wasser aus einer Heilquelle. Es soll 30
Minerale enthalten und Magen- und Darmkrankheiten kurieren. Es schmeckt nach
nichts weiter als nach Salz. Wir haben den Verdacht, frisches Quellwasser
vermischt mit Meerwasser zu trinken, was bei der Nähe des Brunnens zum Meer
auch nicht verwunderlich wäre.
Weiter auf Schotterstraße nach Frontera. Stich mit
20% Steigung, aber asphaltiert. In einer Gaststätte leisten wir uns ein
"Menu" für 600 Peseten: gut gekühltes Bier Pilsener Art, Vorsuppe,
Brot, ein Hauptgericht mit Fleisch, Soße, Reis und Kartoffeln, dazu reichlich
Ketchup, als Nachtisch Vanillepudding mit Colasirup.
In der Stadt ein Fahrradladen, den wir aber nicht
brauchen.
Kanarische Kiefernwälder
16 km bergauf. Wir teilen diesen Stich, der uns die
steile Vulkankraterinnenwand hinaufführt, in 2 Etappen und übernachten
unterwegs. Wir finden keinen besseren Platz als einen neben einem Waldweg, fast
unmittelbar auf dem Weg.
Treffen das deutsche Ehepaar vom Vortage. Erfahren
etwas von der Lage am Golf in Nahost, wo gerade der Kriegt gegen den Irak in
Kuwait tobt, und vom Wetter zu Hause. Im Erzgebirge sollen -24° sein, während
wir hier in kurzen Hosen und T-Shirt durch die sonnendurchfluteten kanarischen
Wälder fahren.
Zweigen auf gelb eingetragene Straße ab und rollen
durch den Kiefernwald, aufgelockert mit grünen Wiesen. Der vulkanische Ursprung
versteckt sich hier fast völlig. Nur ab und zu schaut aus dem
kiefernnadelübersähten Waldboden ein dunkler Lavastein hervor. Die Dicke der Kiefernstämme
oft mehr als 1 m Durchmesser, dicht bepackt mit wuchtiger Rinde. Der Wald muss
Jahrhunderte alt sein.
Abstecher nach El Pinar. Kleiner Aussichtsberg.
Blicken auf die Südspitze von La Restinga. Bis dahin noch 900 Höhenmeter
abwärts, kaum vorstellbar, denn das Meer scheint schon recht nahe.
Zurück in den Kiefernwald, den die Passatwolke
inzwischen eingenebelt hat. Abstecher zum Mirador de las Playas. Mittagspause.
Nur wenn die Wolkenfetzen vom Wind weggeblasen werden, haben wir Blick fast 1000
m senkrecht nach unten. Am Ufer, winzig klein, liegt das Hotel Parador de
Nacional. Die Hänge werden von den Barrancos, entstanden durch Erosion bei
starkem Regen, zerfurcht.
Wir werden von einem österreichischen Ehepaar für den
Abend ins Wohnmobil zu einem Wein eingeladen, das sie in der Nähe des Paradors
abstellen wollen. Auf seine Empfehlung hin fahren wir zum Mirador de Bermeja.
Der Aussichtspunkt liegt etwas unter der Passatwolke und so ist die Sicht etwas
besser. Der Mirador ist gut ausgebaut, besteht aus mehreren kleinen Terrassen
und angelegten Beeten mit Kakteen und Drachenbäumchen.
Die letzte Kurve vor dem Hotel Parador de Nacional:
die Straße führt so knapp am Meer entlang, dass sie ständig von der Gischt der
Wellen übersprüht wird. Wir müssen einen Moment abpassen, um einigermaßen
trocken die Stelle zu passieren. Die Straße wurde durch rotes Lavagestein
hindurchgetrieben. Im Bogen fahren wir am Fuße der Felsen entlang, die durch
die 2 Miradors bestückt sind, die wir einige Stunden vorher besucht hatten.
Unten sind diese Felsen nur mit Kraut und Wiese bewachsen, oberhalb beginnt die
Baumregion, zunächst licht, dann dichte Kiefernwälder.
Am Parador angekommen, machen wir unsere Österreicher
ausfindig. Ihr Wohnwagen steht in einer lockeren kleinen Siedlung von ca. 10
Häusern. Alles Deutsche hier, erfahren wir: sogenannte Aussteiger. In der Nähe stellen wir unser Zelt auf,
machen uns nach einem Bad landfein und folgen der Einladung. Kleines Abendbrot:
Käse, harte Wurst, spanischer Tischwein aus dem Tetrapack. Der Mann war vor
seiner Pensionierung Fahrlehrer. Trotzdem kann er sich jetzt einen
mehrmonatigen Urlaub mit Wohnmobil leisten, wenn man auch nicht gerade im
Überfluss lebt. Auch während seiner Zeit als Fahrlehrer standen interessante
Urlaubsfahrten auf dem Programm, u.a. eine Nilflussreise und eine SU-Reise.
8.2.
Bad am Fels: Ich erkunde nochmals die Unterwasserwelt
von Hierro. Der Unterwasserausflug lohnt sich: ich bin überrascht. War es eine
Sinnestäuschung. Aber nein, ich sehe es immer wieder. Ein kleiner Schwarm
Fische, deren Körper im Wasser neonblau leuchten. Faszinierend!
Abfertigung am Flughafen unfreundlich. 3000 Pes.
Übergepäck. Die Luft wurde rigoros aus den Reifen abgelassen, trotz unseres
Vetos und obwohl wir mit dem Flugzeug kaum eine Höhe von 2000 m überschreiten.
Blick auf das unter einer Wolkendecke liegende
Gomera, nur die Uferzonen schauen heraus. Auch Teneriffa wird von der
Passatwolke bedeckt, doch hier lugt der Mt. Teide aus dem Wattemeer heraus. In
weiter Ferne, im Dunst La Palma. Grand Canaria ist fast überhaupt nicht zu
sehen.
Fuerteventura
In Fuerteventura erhalten wir sämtliches Gepäck über
die Bandschleife, auch die Fahrräder. So sehen die Fahrräder auch aus und die
Luftpumpe fehlt, die ich dummerweise dran gelassen hatte.
Erster Eindruck von der Insel: kaum bewachsen,
riesige Flächen von Geröll und Sand. Darauf spärliche Vegetation, trockene
Büsche. In der Mitte der Insel einige Bergrücken.
Wir fahren die Küstenstraße südwärts. Einkauf im
Supermarkt.
Machen kurze Pause in der Ortschaft, die auf der
Karte mit einer Festung versehen ist. Diese ist von einem Hotel einverleibt
worden und nicht öffentlich zugänglich. Typisches Urlauberdorf. Sonnenschirme
in Reih und Glied. Am Ufer im Anschluss des Hotel-Sandstrandes suchen wir uns
einen Zeltplatz. Dh., das Zelt lassen wir verpackt, wir machen es uns in einer
kleinen als Windschutz errichteten Steinburg bequem. Es weht ein frischer Wind,
doch Steinwall und Schlafsäcke schützen uns. Über uns ein Sternenhimmel, wie er
in Europa wegen der Luftverschmutzung kaum zu beobachten ist.
9.2.
Die Sonne weckt uns. Langsam steigt sie aus dem Meer
empor. Gemütliches Frühstück ist erforderlich, um die taufeuchten Schlafsäcke
trocknen zu lassen.
Wir rollen weiter auf der Küstenstraße nach Süden.
Biegen ab nach Antigua. Die Landschaft erinnert uns an Mittelasien, an die
Gegend um Dshambul. Keine Bäume, sieht man von den palmenbesetzten Oasen ab.
Steinige, öde Landschaft, nur niedrige Büsche.
In verschlafenen Antigua verproviantieren wir uns
fürs Wochenende. Wir fahren in Richtung Tanguria. Die Steigung der Straße nimmt
zu. Ein Abzweig nach Puerto de Rosario, wir bleiben links. Überraschend für uns
- der Anstieg nimmt und nimmt kein Ende. Berge von fast 700 Metern Höhe stellen
sich uns in den Weg. Kurve für Kurve passieren wir und hoffen jedes mal, es
geschafft zu haben. Mit dem Glauben, auf einer flachen Insel zu radeln, fällt
uns der Pass schwer, obwohl er mit den Anstiegen von Teneriffa und Hierro nicht
zu vergleichen ist. Doch der Ausflug lohnt sich. Immer wieder fantastische
Ausblicke auf die Ebenen unter uns, manchmal sehen wir den Atlantik zu beiden
Seiten der Insel gleichzeitig.
Abfahrt nach Pentacuria hinunter. Mittagsrast vor
dieser alten Hauptstadt von Fuerte. Ein paar alte Gebäude, eine Kirche, ein
Museum.
Das Tal, das wir abwärts fahren, wird immer grüner.
Die Palmen werden zahlreicher. Auffällig auch die unzähligen Agaven. Sie
erinnerten teilweise an Kohlrabi, der "geschossen" ist. Aus der Mitte
dieser Kakteen wuchs ein schlanker Stamm heraus, mitunter bis zu 5 Metern und
mehr hoch.
In dem dicht besiedelten Tal spürt man den Willen der
hiesigen Menschen, die gebotenen Reserven der Natur zu nutzen, um das
bestmögliche aus dem Land herauszuholen. Emsig wurden auf den kleinen Feldern
Bewässerungskanäle gezogen, umgegraben, gepflanzt, ... . Unzählbare Windräder
treiben Wasserpumpen an, um das kostbare unterirdische Nass nutzbar zu machen.
Die Asphaltstraße zum Stausee erweist sich als
Sackgasse. Wir kehren um und kämpfen uns auf einen weiteren 500-m-Pass hinauf.
Eine sanfte, langgezogene Abfahrt lässt die ohnehin geringe Strapaze vergessen.
Ohne Pedalschlag und mit wenig Bremsen lassen wir die Bikes den groben Asphalt
hinunter surren.
Hier endet mein Tonband. Das Festhalten meiner
weiteren Eindrücke wird offenbar Opfer meiner Faulheit.
Abschließend möchte ich resümieren, dass die
Schilderung der Eindrücke auf Band keine üble Sache und scheinbar lohnenswert
ist. Ergänzende schriftliche, z.B. statistische Angaben wären vorteilhaft.
Jens-U. Groß